S104/Technique

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GSI
FRS

 

 


 

Überlegungen zu den Anforderungen an ein Experiment zur Untersuchung der Niederenergie-Kernspaltung mit Sekundärstrahlen

Karl-Heinz Schmidt, 1998

 

GSI Darmstadt

 

 

1. EINLEITUNG

 

Erste Experimente zur Untersuchung der Kernspaltung unter Verwendung von Sekundärstrahlen konnten eine schwerwiegende Beschränkung konventioneller Experimente überwinden, die durch die begrenzte Verfügbarkeit von stabilen oder langlebigen Isotopen gegeben war, weil man diese bisher als Targetmaterial benötigte. Die Ergebnisse der Sekundärstrahlexperimente über den Einfluß der Schalenstruktur auf die Spaltung von Kernen zwischen 234U und 205At sowie über neue Erkenntnisse zur Paarbrechung in der Spaltung sind veröffentlicht oder werden in Kürze veröffentlicht. Die Qualität der Daten übertraf diejenige von konventionellen Experimenten zum Beispiel in der Kernladungsauflösung, erreichte sie in anderen Punkten jedoch nicht, zum Beispiel in der Auflösung der totalen kinetischen Energie und in der Definition der Anregungsenergie.

 

Das vorliegende Manuskript soll mögliche Anforderungen an zukünftige Sekundär-strahlexperimente zur Kernspaltung formulieren und deren Verwirklichung diskutieren. Im ersten Teil wird eine Palette von Anforderungen an ein "ideales" Experiment vorgestellt. Die Kriterien sind von Eigenschaften konventioneller Experimente zur Kernspaltung abgeleitet. Allerdings wurden diese idealen Eigenschaften dort in der Regel nicht in einem Experiment, sondern nur jeweils teilweise in verschiedenen Experimenten verwirklicht. Im zweiten Teil wird untersucht, wie stark sich die Aufgabe einzelner Forderungen auf die physikalische Aussagekraft der experimentellen Ergebnisse auswirkt. Dabei wird der bei GSI vorhandene experimentelle Aufbau auf seine Verwendbarkeit hin untersucht. In einem dritten Teil wird schließlich die Möglichkeit zu einem mit vertretbarem Aufwand mittelfristig realisierbaren verbesserten Aufbau diskutiert.

 

Bei den bisherigen Sekundärstrahlexperimenten zur Kernspaltung wurde die elektromag-netische Wechselwirkung in einem Bleitarget als Anregungsmechanismus verwendet. Sie bevölkert eine Anregungsenergieverteilung zentriert um 12 MeV mit einer Halbwertsbreite um 5 bis 8 MeV für die verschiedenen spaltenden Kerne. Eine Untersuchung alternativer Anregungsmechanismen wurde in der Diplomarbeit von Corinne Röhl durchgeführt (Rö95). Die dort aufgezeigte Lösung der Elektronenstreuung in einem Ionen-Elektronen-Collider setzt den Bau eines entsprechenden Großgerätes voraus und kann deshalb erst langfristig in Betracht gezogen werden. Die vorliegende Untersuchung beschränkt sich auf die elektromagnetische Anregung im Coulomb-Feld eines schweren Targetkerns und diskutiert Möglichkeiten der Nachweistechnik.

 

Auf der Basis dieser Untersuchung sollte es möglich sein, die kurzfristigen sowie die mittelfristigen Entwicklungsmöglichkeiten von Sekundärstrahlexperimenten zur Niederenergiekernspaltung abzuschätzen.

 

 

 

2. ANFORDERUNGEN AN EIN IDEALES EXPERIMENT

 

In der Vielzahl der bisher durchgeführten Experimente hat sich eine Palette von Eigenschaften als wesentlich für die physikalische Aussagekraft der Ergebnisse erwiesen. Die Anforderungen werden im folgenden begründet. Sie sind nicht als allgemeingültig zu verstehen, da sich aus einzelnen speziellen Fragestellungen teilweise weitaus höhere Anforderungen ergeben können. Andererseits erfordern viele Fragestellungen nicht unbedingt die Erfüllung aller dieser Kriterien.

  1. Die Anregungsenergie des spaltenden Kerns sollte auf 1 MeV genau bekannt sein. Damit kann die Energieabhängigkeit von Gerade-Ungerade-Effekt und Schaleneffekten in der Kernladungsverteilung der Spaltfragmente sowie das Barrierenverhalten untersucht werden.
  2. Die Spaltfragmente sollten in Kernladungs und Massenzahl vollständig identifiziert werden. Die Massenzahl bezieht sich auf den Wert nach Neutronenabdampfung von den angeregten Spaltfragmenten ("Post-Neutron-Massen").
  3. Beide Spaltfragmente sollten nachgewiesen und ihre totale kinetische Energie (TKE) mit einer Genauigkeit von besser als 1 MeV bestimmt werden. Damit sind strukturelle Effekte wie Einflüsse von Paarungskorrelationen und Schaleneffekten meßbar. Auch für die Bestimmung der Breite der TKE-Verteilung, die die Überlagerung verschiedener Spalt-kanäle zeigt, ist diese Auflösung wünschenswert.
  4. Die Winkelverteilung der Spaltprodukte soll gemessen werden.
  5. Die Anzahl und die Energie der von den Spaltfragmenten emittierten Neutronen sollen bestimmt werden.
  6. Die

 

-Strahlung der Spaltfragmente soll vollständig nachgewiesen werden.

 

Die Realisierung der obigen Forderungen muß unter den kinematischen Bedingungen des Sekundärstrahlexperiments erfolgen. Die Trennung und Identifizierung der Sekundärstrahlen geschieht bei Energien von mindestens 500 A MeV, um Mehrdeutigkeiten durch Ionenladungszustände zu vermeiden. Ähnlich hohe Energien sind notwendig, um eine eindeutige Z-Bestimmung der Spaltfragmente und eine genügende Reichweite von Sekundärstrahl und Spaltfragmenten im Sekundärtarget und in den Detektoren zu erreichen. Überlegungen zu diesen Randbedingungen finden sich in der Diplomarbeit von Jochen Müller (Mü96) sowie in den Doktorarbeiten von Axel Grewe (Gr97) und Steffen Steinhäuser (St98).

 

Für die Berechnung der folgenden quantitativen Aussagen wurden die Beziehungen der relativistischen Kinematik verwendet. Diese sowie zusätzlich benötigte Beschreibungen des Energieverlustes, des Energie- und Winkelstragglings, der Ionenladungsverteilungen usw. wurden mit dem Computerprogramm AMADEUS (ScH87) berechnet.

 

Ein im Sinne dieser Forderungen ideales Experiment sieht folgendermaßen aus: (Die folgenden Kennziffern entsprechen nicht den oben bei den Forderungen verwendeten.)

  1. Die Apparatur deckt einen Winkelbereich bis zu 50 mrad um die Strahlachse ab, um für alle Spaltwinkel beide Spaltfragmente nachzuweisen. Diese Bedingung ist u. a. notwendig, um den Untergrund nuklear induzierter Spaltung zuverlässig zu unterdrücken.
  2. Die Messung der Kernladung erfolgt in einer mindestens 60 cm langen Ionisationskammer mit Zählgas P10 unter atmosphärischem Druck, die beide Spaltprodukte getrennt nachweisen kann. Das kann im Zeitprojektionsverfahren oder durch eine Unterteilung der Kammer geschehen. Zum Erreichen der Z-Auflösung ist die Korrektur der Geschwindigkeitsabhängigkeit des Energieverlustes notwendig. Das ist auf einer Flugstrecke von 5 m mit einer Zeitauflösung von 200 ps möglich. (Siehe Diplomarbeit Jochen Müller.(Mü96)). Diese Anforderungen (1 und 2) wurden von der Apparatur erreicht, die bei den Sekundärstrahlexperimenten am FRS eingesetzt war. Auch die MUSIC und die Flugzeitwand am ALADIN erfüllen diese Anforderungen.
  3. Die Bestimmung der Massenzahl der Spaltfragmente bei 500 A MeV stellt folgende Anforderungen: Fordert man, daß der Abstand zweier Massen um A = 150 mindestens 1,4 mal so groß wie die Breite einer Massenlinie ist und daß die Messung der Flugzeit und die der magnetischen Steifigkeit den gleichen Beitrag zur Auflösung liefern, so wird bei einer Flugzeitauflösung der Apparatur von 200 ps eine Flugstrecke von mindestens 36 m benötigt. Bei einer Flugzeitauflösung von 100 ps käme man mit 18 m Flugstrecke aus. Gleichzeitig muß die Messung der magnetischen Steifigkeit mit einer Genauigkeit von besser als 7 10-3 erfolgen.
  4. Die Bestimmung der totalen kinetischen Energie (TKE) mit einer Genauigkeit von 1 MeV erfordert zunächst die Kenntnis der Masse beider Fragmente. Im allgemeinen wird die Bestimmung aller Raumkomponenten der Geschwindigkeitsvektoren benötigt. Die Anforderungen an die Auflösung sind sehr hoch, da die Spaltfragmente eine Laborenergie von etwa 50 GeV besitzen. Zunächst wird die Komponente in Strahlrichtung betrachtet. Geschieht die Bestimmung der Energie über die Flugzeit, wird bei einer Flugzeitauflösung von 200 ps eine Flugstrecke von etwa 500 m (!) benötigt. Auch bei einer möglichen Verbesserung der Flugzeitauflösung ist dieses kein gangbarer Weg. Eine Bestimmung über die magnetische Steifigkeit erfordert eine Auflösung in B von 3 10-4. Dieser Wert scheint eher erreichbar, setzt aber ein hochauflösendes Spektrometer voraus. Das Energiestraggling im Sekundärtarget stört dabei nicht bis zu einer Dicke von etwa 1 g/cm2. Die Transversalkomponenten der Geschwindigkeitskomponenten können nur mit genügender Genauigkeit bestimmt werden, wenn die Winkel mit einer Genauigkeit von 0,15 mrad (etwa 0,010) gemessen werden. Um das Winkelstraggling zu begrenzen, ist die Dicke des Sekundärtargets (Blei) auf 20 mg/cm2 zu begrenzen. Damit wird die Reaktions-wahrscheinlichkeit gegenüber dem bisher verwendeten Target (3 g/cm2) um mehr als 2 Größenordnungen vermindert. Damit wird die Nutzzählrate stark vermindert und die Diskriminierung gegen Reaktionen in anderen Schichten wie Luft und Zählgase sehr erschwert. Vom Target bis zum Detektor, der die Positionsmessung zur Winkelbestimmung vornimmt, sind höchstens 0,5 m Luft oder 5 m Helium erlaubt, wenn das Winkelstraggling die Auflösung nicht wesentlich beinträchtigen soll. Ein zweidimen-sional ortsempfindlicher Detektor ist erforderlich, um den Winkel zwischen den Spaltfragmenten zu bestimmen. Ein Detektor im Abstand von 0,5 m müßte eine Fläche von 5 cm * 5 cm und eine Ortsauflösung von besser als 0,08 mm haben. Ein Detektor im Abstand von 5 m müßte demnach eine Fläche von 50 cm * 50 cm haben, käme aber mit einer Ortsauflösung von 0,8 mm aus.
  5. Der Nachweis der Neutronen (Anzahl und Energie) kann mit dem LAND-Detektor erfolgen. Die Energie der Neutronen muß in das Inertialsystem des entsprechenden Spaltfragments bzw. des spaltenden Kerns transformiert werden, um die abgegebene Energie zu bestimmen. Da die entsprechenden Geschwindigkeitsverteilungen stark überlappen, ist die Zuordnung zum emittierenden System im allgemeinen nicht ereignisweise möglich. Eindeutig bestimmbar ist nur die Anzahl der Neutronen, die die Anregungsenergie der Fragmente etwa in Vielfachen der Neutronenbindungsenergie (ca. 7 MeV) mißt, wenn man die Emission vom Compoundkern vernachlässigt.
  6. Der Nachweis der Gamma-Strahlung erfordert einen 4 Gamma Detektor, z. B. einen zylinderförmigen NaJ-Detektor. Hier muß die Dopplerverschiebung berücksichtigt werden. Da die Rücktransformation der Neutronenenergie nicht ereignisweise möglich ist, scheint die Messung der Gamma-Strahlung zur Verbesserung der Bestimmung der Anregungsenergie der Fragmente nicht sehr nützlich zu sein.
  7. Die experimentelle Bestimmung der Anregungsenergie des spaltenden Kerns setzt die Erfüllung aller oben angegeben Bedingungen voraus. Die Anregungsenergie wird aus dem Q-Wert der Spaltreaktion, der totalen kinetischen Energie und der Anregungsenergie der Spaltfragmente bestimmt. Der Q-Wert wird aus den Grundzustandmassen der Spaltfragmente (Post-Neutron-Massen) und des spaltenden Kerns berechnet. Die Summe der Anregungsenergien beider Fragmente ist die Summe der Bindungsenergien der emittierten Neutronen, der kinetischen Energien der Neutronen und der totalen Gamma-Energie. Ein Problem stellt die Erkennung von Spaltung nach Neutronenabdampfung ("second-chance-Spaltung") dar, weil die Zuordnung der emittierten Neutronen zum Compoundkern oder zu den Fragmenten im allgemeinen ereignisweise nicht möglich ist, da die entsprechenden Geschwindigkeitsverteilungen stark überlappen.
  8. Bei der Bestimmung der Winkelverteilung ist keine besonders gute Winkelauflösung notwendig. Diese konnte schon mit dem Aufbau hinter dem Fragmentseparator gemessen werden. Bei der elektromagnetischen Anregung ist allerdings nur bekannt, daß die Wechselwirkung vorzugsweise in der Ebene senkrecht zum Strahl erfolgt.

 

 

 

3. MÖGLICHKEITEN EINGESCHRÄNKTER LÖSUNGEN

 

Die Messung der totalen kinetischen Energie (TKE) stellt die höchsten Anforderungen an die Apparatur. Es wird in etwa die ionenoptische Auflösung des Fragmentseparators benötigt (3 10-4 in B). Das scheint mit der Forderung einer Winkelakzeptanz von 50 mrad gegenüber der Strahlachse bei vertretbarem Aufwand unvereinbar. Falls diese Forderung gestellt wird, wird man sich wohl auf den Nachweis eines Spaltfragments beschränken müssen. Auch die um mehr als 2 Größenordnungen verminderte Sekundärreaktionsrate stellt ein schwerwiegendes Problem dar. Bei dem bisherigen Sekundärstrahlexperiment am FRS wurde für einzelne Ereignisse eine Auflösung von etwa 40 MeV erreicht. Die experimentellen Bedingungen des Sekundärstrahlexperiments werden ausführlich in Ref. (BöS97) beschrieben. Damit war es möglich, bei ausreichender Statistik die Mittelwerte der TKE als Funktion der Kernladung mit einer relativen Genauigkeit von besser als 1 MeV zu bestimmen. Die Breiten der TKE-Verteilungen waren aber nicht zugänglich. Wenn die totale kinetische Energie nicht ereignisweise gemessen wird, kann auch die Anregungsenergie bei der Spaltung ereignisweise nicht besser bestimmt werden, als die TKE aus Systematiken abgeschätzt werden kann, selbst wenn man die Spaltfragmente in Z und A identifizieren und deren Anregungsenergie bestimmen könnte. Die Schwankung der TKE macht etwa 10 MeV aus. Werden die Spaltfragmente nur in Z identifiziert, kann die Masse nur abgeschätzt werden, wodurch die TKE nur auf etwa 40 MeV genau bestimmt werden kann. Außderdem kommt dann eine weitere Unsicherheit im Q-Wert der Reaktion hinzu.

 

Auch die Bestimmung der Massenzahl der Spaltfragmente kann zur Zeit mit den bei GSI installierten experimentellen Einrichtungen nicht erreicht werden. Aus der Messung der Kernladung kann die Masse aus Systematiken mit einer Genauigkeit von etwa einer Einheit (Standardabweichung) bestimmt werden. Das entspricht etwa der jetzt mit ALADIN und der dort installierten Flugstrecke erreichbaren Auflösung.

 

Die Bestimmung der Anregungsenergie des spaltenden Kerns ohne vollständige Identifizierung der Spaltprodukte und ohne genaue Messung der totalen kinetischen Energie ist nur sehr eingeschränkt möglich. Die Anregungsenergie der Spaltfragmente stützt sich, wie oben erläutert, hauptsächlich auf die Anzahl der nachgewiesenen Neutronen. Außerdem wählt eine Bedingung auf die an die Neutronen abgegebenen Energie (hauptsächlich aus ihrer Anzahl, siehe oben) Ereignisse aus, die sich sowohl durch eine niedrige Anregungsenergie des spaltenden Kerns als auch durch eine hohe kinetische Energie der Spaltprodukte auszeichnen. Die Breiten beider Einflüsse sind vergleichbar. Werden die Spaltfragmente nur in Z identifiziert, kommt noch eine Auswahl im Q-Wert hinzu. Eine eindeutige physikalische Interpretation solcher Daten ist damit schwierig.

 

 

 

4. EIN REALISIERBARER VORSCHLAG

 

Bei der Umgestaltung des CAVE C sollten folgende Anforderungen erfüllt werden, um verbesserte experimentelle Bedingungen für Spaltexperimente mit Sekundärstrahlen zu schaffen.

  1. Winkelakzeptanz : mindestens 50 mrad nach allen Richtungen gegenüber der Strahlachse.
  2. Aufbau einer zweigeteilten Ionisationskammer (bisher beim FRS-Aufbau verwendet) zwischen Sekundärtarget und Magnet.
  3. Dipolstufe mit einer ionenoptische Auflösung der magnetischen Steifigkeit B besser als 5*10-3.
  4. Flugstrecke von 20 m mit großflächigem Stoppdetektor, Zeitauflösung 100 ps (HWB). (Bei einer magnetischen Ablenkung von 300 muß der Stoppdetektors etwa 2 m breit sein. Dabei ist eine Winkelfokussierung angenommen. Die Flugstrecke sollte mit Helium gefüllt sein.)
  5. Großflächiger Neutronendetektor 20 m hinter dem Sekundärtarget, Fläche etwa 5 m * 5 m. (Damit können Neutronen der Spaltfragmente bis 3 MeV nachgewiesen werden.)

 

Eine solche Apparatur bietet folgende Möglichkeiten:

  1. Beide Spaltfragmente werden nachgewiesen.
  2. Die Kernladung der Spaltfragmente wird mit sehr guter Auflösung gemessen.
  3. Die Masse der Spaltfragmente wird eindeutig bestimmt.
  4. Die Gesamtzahl der emittierten Neutronen wird gemessen.

 

Zusätzlich zu der experimentellen Information, die schon mit der Apparatur am FRS erreichbar ist (Punkte 1 und 2) kann wie auch schon mit ALADIN und LAND mit der Zahl der emittierten Neutronen eine kombinierte Größe aus totaler kinetischer Energie und Anregungsenergie bestimmt werden. Außerdem können die Spaltfragmente vollständig auch in der Massenzahl identifiziert werden Die totale kinetische Energie kann ereignisweise mit mittlerer Auflösung bestimmt werden. Ein dickes Sekundärtarget kann verwendet werden. Gegenüber dem Meßplatz hinter dem FRS muß allerdings mit einer verminderten Transmission der Strahlstrecke gerechnet werden. Dieser Nachteil kann voraussichtlich in Zukunft durch die höhere Primärstrahlintensitt ausgeglichen werden.

 

Damit bietet die Apparatur sehr interessante experimentelle Möglichkeiten, die in ihrer Gesamtheit mit aufwendigen konventionellen Experimenten vergleichbar sind. Schwächen in der Definition der Anregungsenergie stehen Stärken in der Z-Auflösung und im gleichzeitigen Nachweis beider Spaltfragmente gegenüber.

 

 

 

5. ZUSAMMENFASSUNG

 

Die vorliegende Studie zeigt einige mögliche Verbesserungen der Nachweisapparatur für die Untersuchung von Niederenergiespaltung durch Sekundärstrahlen auf. Die Anforderungen an ein zu Beginn definiertes ideales Experiment können nur teilweise realisiert werden. Gegenüber der Apparatur, die bisher unmittelbar hinter dem FRS benutzt wurde, werden zwei Alternativen diskutiert. Beide führen zu Verlusten in der Emittanz der Sekundärstrahlen. Eine erste Erweiterung bietet der Nachweis der bei der Spaltung emittierten Neutronen. Diese Information ist allerdings recht komplex, da sowohl die Anregungsenergie als auch die totale kinetische Energie gleichzeitig eingeschränkt werden und dazu noch eine Auswahl im Q-Wert getroffen wird. Die Ergebnisse können aber mit Modellrechnungen verglichen werden. Eine zweite, noch interessantere Möglichkeit ist die vollständige Identifizierung der Spaltprodukte, auch in der Massenzahl. Diese erfordert eine sehr gute ionenoptische Auflösung bei großer Winkelakzeptanz in Verbindung mit einer leistungsfähigen Flugstrecke.

 

Eine Zusammenfassung verschiedener schon existierender oder denkbarer Experimentier-aufbauten wird in Tabelle 1 gegeben. Sie gibt einen Überblick über die verschiedenen Anforderungen an die Apparatur, wenn gewisse Forderungen an die Messung gestellt werden.

 

 

hinter FRS

ALADIN

Option 1

Option 2

Targetdicke (Pb)

3 g/cm2

bis 3 g/cm2

bis 3 g/cm2

20 mg/cm2

Sek.-Reaktionsrate

1 %

bis 1 %

bis 1 %

etwa 10-4

Winkelakzeptanz

70 mrad

?

50 mrad

50 mrad

Flugstrecke

5 m

10 m

20 m

20 m

Zeitauflösung

170 ps

200 ps

100 ps

100 ps

Kernladungsaufl.

120

140

120

120

magnetische Auflösung

keine

?

<5 10-3

3 10-4

magnetische Fokussierung der Spaltprodukte

nein

nein

ja

ja

Massenauflösung

keine

80

>200

350

TKE Auflösung (1 Ereignis)

40 MeV

40 MeV1)

40 MeV2)

1 MeV

Nachweis der Neutronen

nein

ja

ja

ja

 

 

Tabelle 1: Technische Parameter von vier experimentellen Einrichtungen für Experimente zur Kernspaltung mit Sekundärstrahlen. Der Aufbau hinter dem FRS wurde schon erfolgreich benutzt. ALADIN zusammen mit LAND wurde für Experimente zur Spaltung von 238U eingesetzt. Die Optionen 1 und 2 beziehen sich auf mögliche Pläne für den Aufbau einer experimentellen Einrichtung in Cave C. Option 1 scheint mit vertretbarem Aufwand realisierbar, Option 2 stellt wesentlich höhere Anforderungen an die ionenoptische Auflösung und liefert wesentlich kleinere Sekundärreaktionsraten. Die angegebenen Auflösungswerte sind Halbwertsbreiten.

1) Dieser Wert ist hauptsächlich durch die Unsicherheit in der Massenzahl des Spaltprodukts gegeben.

2) Dieser Wert hängt von der Targetdicke ab.

 

 

Eine bessere Definition der Anregungsenergie der spaltenden Kerne scheint nur über einen anderen Anregungsmechanismus erreichbar. Diese Möglichkeit kann aber wohl nur langfristig, möglicherweise durch den Einsatz eines Ionen-Elektronen-Colliders, erschlossen werden.

 

 

 

Literatur:

 

(ScH87) K.-H. Schmidt et al., Nucl. Instrum. Methods A 260 (1987) 287

(Rö95) C. Röhl, Diplomarbeit, IKDA, TH Darmstadt, 1994

(Mü96) J. Müller, Diplomarbiet, IKDA, TH Darmstadt, 1996

(Gr97) A. Grewe, Dissertation, IKDA, TH Darmstadt, 1997

(St97) S. Steinhäuser, Dissertation, IKDA, TH Darmstadt, 1998

(BöS97) C. Böckstiegel et al., Phys. Lett. B 398 (1997) 259

 

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